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Das Leben der Bonobos

 

Die Gesellschaftsform der Bonobos - Frieden durch Sex

Wenn der Sinn der Sexualität in der Fortpflanzung liegt, wie es die christliche Lehre behauptet, warum sind dann Millionen von menschlichen Paaren Tag für Tag oder Woche für Woche damit beschäftigt? Um zwei bis drei Kinder zu zeugen? Was für eine Verschwendung von Energie! Warum gibt es ein solches Verlangen nach Sex? Warum fühlen sich die Meisten so wohl dabei?
Die meisten anderen Tiere paaren sich nur zu bestimmten Jahreszeiten oder an wenigen Tagen während ihres Menstuationzyklus. Hier besteht offenbar kein Bedürfnis nach Sexualität ohne Fortpflanzung.

Zumindest die Bonobos zeigen, daß die Menschen nicht die einzigen mit diesem starken Appetit auf Sex sind. Während Schimpansen (Pan troglodytes) in ihren Sexualpraktiken wenig Phantasie erkennen lassen, praktizieren Bonobos jede erdenkliche Position und Variation, sie sind außerordentlich schnell sexuell erregt. Aber damit nicht genug: sie treiben es auch noch in allen möglichen Partnerkombinationen: Männern mit Männern, Männern mit Frauen, Frauen mit Frauen, Männern mit Kindern, Frauen mit Kindern.

Trozdem ist ihre Fortpflanzungsrate nicht höher als bei den Schimpansen, deren Frauen alle fünf bis sechs Jahre ein Kind austragen. Bonobos koulieren auch von Angesicht zu Angesicht, auch Selbstbefriedigung wurde beobachtet. Im Gegensatz zu den Schimpansenweibchen schwellt die Genitalschwellung, die die Kopulationsbereitschaft signalisiert, der Bonobofrauen nur selten ab, die Bonobofrau ist also fast ständig sexuell aktiv.

Zwischen Frauen findet oft ein "GG-Rubbing" - "Genito-Genital-Reiben" - statt. Dabei grinsen und quietschen die Weibchen; es ist kaum zu bezweifeln, daß damit orgasmusartige Empfindungen ausgedrückt werden. Physiologische Untersuchungen an Affen ergaben Kontraktionen des Uterus und beschleunigten Herzschlag, wie beim Orgasmus der Menschen.

Auch bei Männern kommt es (seltener) durch Hodenreiben zu einer dem GG-Rubbing vergleichbaren Aktion. Eine andere Form ist das "Penisfechten", ein aneinanderreiben der erigierten Penise.
Auch oraler Sex, massieren der Genitalien und Zungenküsse sind keine Seltenheit.

Diese sexuellen Aktivitäten wirken auf den Beobachter immer unverkrampft, sie sind Teil des gesellschaftlichen Lebens. Sex ist eine von vielen Lebensäußerungen, wie beim Menschen auch. Kopulationen finden bei Bonobos durchschnittlich alle 90 Minuten statt und dauern etwa 13 Sekunden. Es ist also keine endlose Orgie, sondern eher eine erfüllte Geselligkeit, die durch kurze Einlagen von sexueller Aktivität gewürzt sind. Der Sex dient den Zwergschimpansen in erster Linie also Mittel der Versöhnung. Währen zwei Schimpansen, die sich bekämpft haben, anschließend küssen und umarmen um den Frieden und Zusammenhalt der Gruppe zu sichern, ist für Bonobos auch Sex ein solches, oft eingesetztes Mittel. Vor allem die Zeit vor der Nahrungsaufnahme ist eine Spitzenzeit für sexuelles Verhalten. Zum Teil mag es wohl zutreffen, daß die Bonobos durch die Freude aufs Essen sexuell erregt werden. Die eigentliche Ursache aber hat wohl eher damit zu tun, daß durch Futter Konkurrenz entsteht. Dadurch bauen sich Spannungen auf, es kommt zu Aggressionen. Bonobos reagieren darauf mit sexueller Aktivität.

Für diese Annahme sprechen vor allem zwei Gründe:
- Bei Bonobos führt alles was für mehr als ein Individuum interessant scheint zu sexuellen Kontakten (also nicht nur das Futter).
- Sex spielt auch in unterschiedlichsten aggressiven Situationen eine friedensstiftende Rolle, intime Berührungen ersetzen Gewaltanwendung

Bonobos leben in sogenannten fission-fusion Gesellschaften - in Großgruppen, deren Mitglieder sich zeitweise in kleinere Gruppen trennen, dann aber wieder zusammenkommen. Es sind immer die Frauen die die Gemeinschaft verlassen, biologisch gesehen um Inzucht zu vermeiden. Zu Beginn ihrer Pupertät schließen sich die Bonoboweibchen meist einer anderen Gesellschaft an, wo sie dann in der Regel lebenslang bleiben. Der männliche Nachwuchs bleibt das ganze Leben in ein und der selben Großgruppe.
Bonobo-Gesellschaften werden, im Gegensatz zu denen der Schimpansen, durch Frauenverbindungen gelenkt, während die männliche Hierarchie bei Bonobos schwach entwickelt ist. Ranghohe Männer sind oft Söhne wichtiger Mütter. Die Bonobo-Society ist frauenzentriert, Männer und Frauen sind beinahe kodominant, wobei die Frauen dominat sind, wenn es um die Nahrung geht. Gegen den Zusammenhalt der Frauen haben die an Körperkraft überlegenen Männer kaum eine Chance.

Das Entdecken des Bonobo-Verhaltens ist fast schon revolutionär - es stellt unsere traditionelle Auffassung von der menschlichen Entwicklung in Frage. Männer-Szenarien wie der Mann als Jäger und Werkzeugmacher müssen durch neuere Vorstellungen ersetzt werden. Wir müssen akzeptieren, daß Sex und Fortpflanzung für unseren Primatenvorfahr nicht ein und dasselbe waren und daß Frauen zentrale Positionen hatten. Die Gesellschaft der Schimpansen würde die alte Version unserer Sozialgeschichte allerdings wiederrum unterstützen. Aber wer sagt denn, daß wir uns bei dem Versuch durch Vergleiche mit lebenden Primaten unsere Vergangenheit zu rekonstruieren ausschließlich für das eine und gegen das andere Modell entscheiden müssen?